Um sicherzustellen, dass mobile Roboteranwendungen so sicher und zuverlässig sind und bleiben, wie sie sein sollen, sind ein gutes Verständnis der rechtlichen Anforderungen und deren korrekte Anwendung erforderlich. Da AMR mittlerweile eine rasche Verbreitung finden, aktualisieren und entwickeln Normungsorganisationen weltweit derzeit ihre Richtlinien für die sichere Konstruktion, Herstellung und Inbetriebnahme mobiler Roboter. Allerdings verläuft die Entwicklung der neuen Technik schneller als die der entsprechenden Normen, sodass eine gewisse Regelungslücke entsteht. Bis die passenden Normen verfügbar sind, müssen Hersteller, Käufer und Integratoren von mobilen Robotern daher in der Zwischenzeit mit einer Vielzahl bestehender Normen arbeiten und anhand dieser die Sicherheitsanforderungen bestimmen. Diese Normen sind zwar nicht speziell für AMR erstellt worden, befassen sich aber mit ähnlichen Anwendungen von Industriefahrzeugen.
Die Norm, die derzeit am besten auf AMR passt, ist die EN 1525:1997 („Sicherheit von Flurförderzeugen – Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme“). Diese Norm gilt für fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) und ihre Systeme (FTS) sowie für die Inbetriebnahme und Vorbereitung der Umgebung, in der die Roboter eingesetzt werden sollen. Die EN 1525 ist eine europäische Norm, die strenge Sicherheitsanforderungen für Fahrzeuge, FTS und andere Flurförderzeuge festlegt, die oft größer und schwerer sind als AMR und einen völlig anderen Aufbau haben können. Ein wesentlicher Unterschied besteht etwa darin, dass in der EN 1525 die autonome Navigation nicht berücksichtigt wird. Die EN 1525 füllt jedoch die Regelungslücke, die derzeit noch für den sicheren Einsatz mobiler Roboter besteht, bis irgendwann neuere Normen verabschiedet werden, die auch die speziellen potenziellen Gefahren im Zusammenhang mit AMR berücksichtigen. Die ANSI/ITSDF-Norm B56.5-2012 ist eine amerikanische Norm, die ebenfalls für FTS geschrieben wurde und den gleichen Anwendungsbereich wie die EN 1525 hat. Eine Aktualisierung der B56.5 wurde im August 2019 veröffentlicht.
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Neben den Normen können sich auch die Gesetze zur Sicherheit von Arbeitnehmern und Maschinen je nach Land stark unterscheiden. In der Europäischen Union kann ein Benutzer davon ausgehen, dass ein mobiler Roboter mit CE-Kennzeichnung sicher ist und die einschlägigen Normen erfüllt, da er gemäß der Maschinenrichtlinie entwickelt und hergestellt wurde. Wenn der Roboter also wie beworben oder in der Bedienungsanleitung beschrieben eingesetzt wird und es zu einem Unfall kommt, haftet der Hersteller und nicht der Kunde für den Unfall.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass die CE-Kennzeichnung nur für den Roboter selbst und nicht für das AMR-System als Ganzes gilt. Wenn ein oder mehrere mobile Roboter in einer Einrichtung mit Aufsatzmodulen, Umschlagstationen und Ladegeräten eingesetzt werden, muss auch das gesamte System von der Partei, die für die Inbetriebnahme des AMR-Systems verantwortlich ist, mit dem CE-Zeichen versehen werden.
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Der amerikanische Vertreter in der ISO ist das American National Standards Institute (ANSI). Das ANSI entwickelt und veröffentlicht Sicherheitsrichtlinien, deren Einhaltung zwar freiwillig ist, die aber von fast allen Branchen im ganzen Land übernommen werden. Eine verwandte Organisation, die Industrial Truck Standards Development Foundation (ITSDF), verwaltet Sicherheitsnormen für die Konstruktion, den Betrieb und die Wartung von Flurförderzeugen. Unabhängig davon werden die allgemeinen Sicherheitsvorschriften für Arbeitnehmer in den Vereinigten Staaten von der Occupational Safety and Health Administration (OSHA) festgelegt und durchgesetzt, einer Bundesbehörde, deren Normen am Arbeitsplatz von Gesetzes wegen beachtet werden müssen. Die OSHA-Vorschriften sind in Titel 29 des Code of Federal Regulations, Teil 1910, definiert, der in eine Reihe von Unterabschnitten unterteilt ist, die für den Einsatz von mobilen Robotern gelten. Dazu gehören 1910.212 „General requirements for all machines“ (Allgemeine Anforderungen für alle Maschinen) und 1910.178 „Powered industrial trucks“ (Angetriebene Flurförderzeuge). Benutzer und Integratoren von mobilen Robotern sollten beachten, dass die OSHA und die staatlichen Aufsichtsbehörden die Möglichkeit haben, ANSI/ITSDF-Normen verbindlich vorzuschreiben und Unternehmen bei Nichteinhaltung zu belangen.
Kommende Normen
Weltweit arbeiten Normungsorganisationen an neuen Normen, die sich mit AMR befassen. Die Nachfolgenorm der EN 1525 als am besten auf AMR anwendbare Norm ist die ISO/FDIS 3691-4: „Flurförderzeuge – Sicherheitstechnische Anforderungen und Verifizierung – Teil 4: Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme“, die im Januar 2020 veröffentlicht wurde. Die ISO/FDIS 3691-4 befasst sich mit den Sicherheitsaspekten der Intralogistik und den Gefahren, die mit der Neuberechnung von Pfaden während der Fahrt verbunden sind, was zu den Schlüsselaspekten der AMR gehört. Die neue Norm enthält detaillierte Anforderungen für die Inbetriebnahme mobiler Roboter sowie für die Gestaltung der Umgebung und der Arbeitszellen.
Darüber hinaus sind weitere Normen in Arbeit, die sich in Zukunft wahrscheinlich auf Hersteller, Benutzer und Integratoren mobiler Roboter auswirken werden, so etwa die ISO 10218, die prRIA 15:08 und die prUL 3100, die jeweils unterschiedliche Aspekte von AMR und deren Implementierung behandeln. MiR strebt ein Höchstmaß an Sicherheit an und arbeitet bei neuen Normen eng mit den Normungsorganisationen zusammen. So möchten wir Kunden und Integratoren jederzeit aktuelle Informationen und Produkte zur Verfügung stellen und dafür sorgen, dass die Roboter sowohl den aktuellen als auch den zukünftigen Normen entsprechen.
Zusammenfassung: Was muss man über Sicherheitsnormen und -vorschriften wissen?
- An Normen und Gesetzen speziell für AMR wird kontinuierlich gearbeitet.
- Sicherheitsnormen sollen sicherstellen, dass Maschinen und Roboter so funktionieren, dass Menschen bei der Arbeit mit ihnen keinen gefährlichen Situationen ausgesetzt werden. Daher ist es wichtig, dass Ihr AMR-Hersteller die aktuellen, für Logistikanwendungen entwickelten Normen einhält, um sicherzustellen, dass Sie sichere AMR und ein sicheres AMR-System erhalten.
- Die Sicherheitsnormen und -gesetze unterscheiden sich von Land zu Land bzw. von Region zu Region, so dass die eingesetzten AMR diesen lokalen Vorgaben entsprechen müssen.
- Die europäische Norm EN 1525:1997 und die CE-Kennzeichnung bieten einen guten Rahmen, wenn es um die Sicherheit von AMR und AMR-Systemen geht. Auch wenn die Einhaltung der EU-Gesetze und -Normen außerhalb der EU nicht vorgeschrieben ist, ist es sinnvoll, diese Grundsätze anzuwenden, um ein sicheres AMR-System in allen Regionen zu gewährleisten.
- Für weltweit tätige Unternehmen, die AMR an verschiedenen internationalen Standorten einsetzen, bieten die europäischen Normen und Gesetze zudem eine gute Grundlage, die auf alle Fabriken angewendet und zur Berücksichtigung lokaler Aspekte ggf. angepasst werden kann.
Verantwortung von Hersteller, Integrator und Kunde bei der Gewährleistung eines sicheren AMR-Systemarbeitsplatzes
Um für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen, müssen der AMR-Hersteller, der Integrator des AMR-Systems und der Endnutzer an einem Strang ziehen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen den Parteien klar sind.
Die von der europäischen Maschinenrichtlinie bereitgestellten Leitlinien helfen Kunden und Integratoren, einen sicheren Arbeitsplatz zu schaffen, da die Maschinenrichtlinie sowohl den einzelnen AMR als auch das gesamte AMR-System berücksichtigt. Gesetzlich ist es zwar nicht erforderlich, die Maschinenrichtlinie außerhalb der EU/EOS zu befolgen, doch möchten wir dazu raten, da sie den aktuellen Stand der Technik für sichere AMR-Anlagen beschreibt.
Der Hersteller des AMR muss ein Fahrzeug bereitstellen, das für die Inbetriebnahme in einem sicheren AMR-System ausgelegt ist, und ausreichende Informationen für die Integration und den Betrieb mitliefern. Das bedeutet, dass der Hersteller für die Angabe der bestimmungsgemäßen Verwendung und der Grenzen des AMR verantwortlich ist, was in der Regel der fahrerlose Transport von Materialien in industriellen Umgebungen ist. Der Hersteller muss den AMR je nach Verwendungszweck mit einer CE-Kennzeichnung versehen, die die Einhaltung der Sicherheitsnormen für FTS bestätigt, ergänzende Normen erfüllen, um alle Risiken abzudecken, und integrierte Sicherheitsfunktionen bereitstellen, um die bei bestimmungsgemäßer Verwendung zu erwartenden Gefahren abzudecken.
Neben der Konstruktion eines sicheren Roboters hat der Hersteller auch eine angemessene Dokumentation bereitzustellen, einschließlich Anleitungen zur Inbetriebnahme des AMR in einem AMR-System, Anleitungen für den Betrieb und die Wartung des AMR sowie eine Liste der identifizierten Restrisiken für den AMR. Abschließend ist der Hersteller dafür verantwortlich, dass ein sicherer AMR mit allen erforderlichen Unterlagen geliefert wird.
Bei der Installation geht die Verantwortung auf den Systemintegrator über. Der Integrator des AMR-Systems (dies kann auch der Endnutzer sein, wenn er den Roboter selbst integriert) ist dafür verantwortlich, eine Installation bereitzustellen, bei der alle Gefahren berücksichtigt oder identifiziert werden und angemessene Informationen für den Betrieb übergeben werden. Da AMR in einem Gebäude, einer Fabrik oder einem Lager arbeiten, muss der Integrator, der den AMR in Betrieb nimmt, potenzielle Sicherheitsrisiken vorhersehen und den Roboter so programmieren, dass er sich unter Einhaltung der Sicherheitsnormen angemessen verhält. Die Inbetriebnahme erstreckt sich auch auf das Aufsatzmodul. Wenn der Roboter außerhalb dieser Grenzen in Betrieb genommen wird, muss der Integrator (oder der Benutzer) zusätzliche Schutzvorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass die Sicherheitsnormen für die gesamte Roboteranwendung eingehalten werden. Der Integrator muss daher die bestimmungsgemäße Verwendung und die Grenzen des AMR-Systems angeben und eine Risikobeurteilung des AMR-Systems im Hinblick auf die Spezifikationen des AMR-Herstellers, den Verwendungszweck und die Grenzen vornehmen. Wenn die Anwendung ausgeweitet wird und nicht mehr nur einen einzelnen AMR, sondern ein ganzes AMR-System umfasst, muss der Integrator das AMR-System entsprechend dem neuen Verwendungszweck mit einer CE-Kennzeichnung versehen und eine Dokumentation bestehend aus Betriebs- und Wartungsanleitung für das AMR-System sowie eine Liste der identifizierten Restrisiken aus der Risikobeurteilung des AMR-Systems bereitstellen.
Sobald das AMR-System eingerichtet ist, ist der Endnutzer für das Konzipieren von Verfahren für den Betrieb und die Wartung des AMR-Systems und für deren Einhaltung verantwortlich. Der Endnutzer muss sicherstellen, dass die bestimmungsgemäße Verwendung und die Grenzen des Systems eingehalten werden, und er muss Verfahren für die Inspektion und Wartung des AMR-Systems sowie der Warnhinweise und Markierungen etablieren. Der Endnutzer hat sichere Betriebsverfahren für die Bediener festzulegen und Schulungen für Bediener, sonstiges Personal und für Besucher zu definieren, die einen sicheren Betrieb gewährleisten.
Dieser ganze Prozess scheint auf den ersten Blick recht kompliziert. Daher hat MiR Leitfäden für Integratoren und Endnutzer erstellt, um sie bei der ordnungsgemäßen Inbetriebnahme der Roboter zu unterstützen. Wenden Sie sich für weitere Informationen an Ihr MiR-Team vor Ort.
Eine sichere AMR-Installation in enger Zusammenarbeit mit Ihrem AMR-Hersteller
Der Stand der Technik bei der Konstruktion und Implementierung von mobilen Robotern ändert sich schnell, sodass die Normungsorganisationen kaum mit dieser Entwicklung Schritt halten können. Die Einhaltung der aktuellen,, für Logistiksysteme entwickelten Normen ist jedoch nach wie vor relevant. Viele Faktoren müssen berücksichtigt werden, wenn nicht nur ein AMR, sondern ein AMR-System eingesetzt werden soll, das oft an vielen verschiedenen Standorten einer Einrichtung und in unterschiedlichen Anwendungen zum Einsatz kommt. Benutzer und Integratoren können von den Roboterherstellern Leitfäden und andere Hilfestellungen erwarten, die es ihnen erlauben, die Vorteile der AMR voll zu nutzen und gleichzeitig die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. In gleicher Weise müssen aber auch die Benutzer sicherstellen, dass die ausgewählten AMR-Hersteller auf dem Laufenden sind, was aktuelle und zukünftige Sicherheitsnormen und Gesetze betrifft, die sich nicht unbedingt nur auf den AMR allein beschränken.
Die Dokumentation für die sichere Inbetriebnahme von Robotern, einschließlich der Hinweise, wie Benutzer und Integratoren die Einhaltung der Vorschriften dokumentieren können, erhalten Sie auf Anfrage von Ihrem lokalen MiR-Team.